Die Sahara Marokkos

Ich möchte Dir einmal meine Erlebnisse, ja einen kleinen Erfahrungsbericht von meinem Trip durch die Sahara Marokkos erzählen. Im April 2016 zog ich zusammen mit einem guten Freund drei Tage lang durch die Wüste. Eine Geschichte von Hitze, Sand und auch gegen den Tod.

Die Sahara Marokkos

Zunächst einmal will ich die geographische Lage erklären. Die Wüste im Südwesten von Marokko besteht zum Großteil aus einer unendlich weiten Einöde aus Fels. Wirklich. Über hunderte Kilometer sieht man nichts ausser Geröll und hin und wieder mal einem Sendemasten der Mobilfunkanbieter oder des Militärs. Dann gibt es aber im Südosten, an der Grenze zu Algerien, die sogenannte Erg Chebbi; eine riesige, durch den heißen Wind geformte Sanddünenlandschaft, die bis zu 150 meter Emporragt. Die war unser Ziel.

Die Anreise

Am Abend zuvor – ich meine mich zu erinnern dass es gegen 8 oder 9 Uhr war – stiegen wir in Fes in den Supratours-Fernbus Richtung Süden. Zu dem Zeitpunkt waren wir grade seit drei Tagen in Marokko, den Kulturschock hatte ich noch nicht ganz überwunden. Ich weiß noch genau wie sich der Bus langsam füllte, anfangs mit anderen Backpackern aber zu unserem Pech auch mit jede Menge Familien mit Kindern. Nicht, dass wir etwas gegen Kinder hätten, allerdings gibt es wohl kaum ein Kind was sich über eine 13-Stündige Busfahrt allzu sehr freut. Dazu aber später mehr. Wir machten es uns also gemütlich und planten unsere weitere Reise durch (mein Kumpel plante, ich hörte Musik 😉 ). Vor allem aber hatten wir die Augen stets auf der Navigationskarte auf dem des Handys, deren Kompass sich mit der Zeit immer weiter in Richtung Westen drehte. Ich weckte meinen Kumpel. Er hatte den Plan im Kopf und wusste sicher, was da los sei, wieso wir nicht in die eigentlich gedachte Richtung – Südosten- fuhren. Leider hatte er auch keine richtige Antwort, und so kam es, dass der Bus schon kurz darauf in der Nachbarstadt Meknès eintraf und hielt. Die Türen gingen auf. Ich sprach einen der Busfahrer in einem Mix aus Englisch und Französisch an – mein marokkanisches Arabisch war zu dem Zeitpunkt leider noch nicht so gut – was wir machen und wann es weitergeht. Mit Mühe und Not konnte ich herausfinden, dass wir an einer Art Raststätte angekommen waren und wir 30 Minuten Pause machten. 30 Minuten Pause nach einer halben Stunde fahrt. Naja, wie auch immer. Wir deckten uns mit Fressalien für die Fahrt ein und fuhren weiter.

Die Strecke war Anfangs überraschend gut ausgebaut. Ich war regelrecht begeistert von den gut ausgebauten Straßen und den Fähigkeiten des Busfahrers, sogar in einer Kontrollstelle der Polizei mit überhöhter Geschwindigkeit im Überholverbot an anderen PKW vorbeizuziehen. Ehrlich, Supratours hat Busfahrer, die wirklich was können und die einen unfassbaren Mut haben. Oder ist das schon wieder Leichtsinn? Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, wie wir auf einer anderen Fahrt mit dem Tempo eines Sportwagens durch die Pässe des Atlasgebirge – auch durch ultra schmale Baustellen – gerast sind, mit zwei Reifen schon fast im Abgrund. Leben am Limit auf Marrokanisch eben.

Irgendwann jedoch hörte die Teerstraße auf, von einer Straßenbeleuchtung mal ganz abzusehen. Ab jetzt ging es, bei gleichbleibender Geschwindigkeit versteht sich, auf der Schotterpiste weiter. Dabei zahlte sich die unfassbar weiche Federung der Busse aus. Man fühlt sich dort wie in einem Schiff, was nicht unbedingt vorteilhaft ist, wenn man zur Seekrankheit neigt.

Wie bereits angesprochen, hatten wir auch jede Menge Kinder „an Bord“. Die drehten durch die Schaukelei nun erst richtig auf. Die Ausläufer des Atlasgebirges verwandelten den Reisebus in eine Achterbahn, wir wurden von oben nach unten und von links nach rechts geschleudert. Es kam, wie es kommen musste. Fanden die Kinder die Schaukelei anfangs noch höchst Amüsant, ging schon bald erst die Quengelei und dann leider auch die Kotzerei los. Nicht schön, wenn man noch sieben Stunden fahrt vor sich hat. Meinen Kumpel interessierte das alles herzlich wenig. Er schlief tief und fest, so tief, dass ich wirklich Mühe hatte ihn bei einer zwischenzeitlichen Ticketkontrolle aufzuwecken. Generell lässt sich sagen, das es kleinere Menschen mit kurzen Beinen in den Reisebussen Marokkos deutlich leichter haben was die Beinfreiheit betrifft. Aber das ist ja in Deutschland nicht anders.

Wir wussten, wir wollten nach Merzouga. So war es auf der Seite, wo wir unsere von einem Einheimischen begleitete Wüstentour gebucht hatten, angegeben. Was wir außerdem wussten, ist, das wir Merzouga laut plan gegen 6 Uhr erreichen würden. Was wir allerdings nicht wussten war, ob der Bus Verspätung hatte, früher dran war und vor allem wussten wir nicht, das der Ort Merzouga gar nicht der Ort war in den wir eigentlich wollten!

Um 5.30 hielt der Bus recht unerwartet. Da wir beide mittlerweile sowieso nur noch im Halbschlaf waren, bekamen wir es Gottseidank mit, wie auf einmal unsere Namen durch den Bus schallten. Mein erster Gedanke war „Was ist denn jetzt los?!“. Ich habe sofort an eine Polizeikontrolle gedacht, da der Halt unplanmäßig erschien und wir die einzigen beiden verbleibenden Ausländer im Bus waren. Und Kontakt mit der Polizei war ungefähr das letzte, auf das ich um 5.30 nach einer schrecklichen Nacht mit kaum Schlaf irgendwo im tiefsten Marokko in der Sahara Lust hatte. Zum Glück stellte sich schnell heraus, dass unser Wüstenguide – Hassan – nach uns rief. Er hatte versprochen uns vom Bus abzuholen. Da die Stadt Merzouga sehr viel bekannter ist als Hassilabied – der Ort, in dem wir nun waren – ist sie oft in Touristenportalen als Zielort vermerkt. Merzouga liegt jedoch gute fünf Kilometer weiter südlich, was in dieser menschenfeindlichen Umgebung schon eine ziemlich ordentliche Distanz ist, wie wir später noch feststellen sollten.

Hassan hieß uns freundlich willkommen und wir holten unsere Rucksäcke unten aus dem Bus. Es war kalt. Gut möglich, das mir das nur so vorkam weil ich kaum geschlafen hatte, allerdings pfiff auch ein recht scharfer Wind durch die Nacht.

Im April ist es in Marokko um 5.30 noch dunkel. Stockdunkel. Lediglich der Mond warf einen fahlen Lichtschein auf das Dorf. Wir konnten nur erahnen, was uns in den nächsten drei Tagen erwarten würde. Hassan brachte uns zu seinem Anwesen in unser Zimmer. Er sagte uns, wir sollten erst einmal bis in den späten Vormittag schlafen und uns von der Fahrt erholen. Ich glaube, ich bin noch nie in meinem Leben so schnell eingeschlafen wie an diesem Morgen.

Hassilabied

Ich stand auf. Mein Kumpel war schon wieder auf den Beinen. Natürlich wollte ich Duschen. Gedankenlos, vielleicht auch ein wenig naiv, stellte ich mich unter die Dusche und stellte das Wasser an. Dabei ging ich eventuell ein wenig verschwenderisch mit dem kostbaren Gut um, sodass ich schon bald komplett voll mit Shampoo da stand und kein Wasser mehr kam. Sollte mir eine Lehre sein. Gut, dass nach einer Viertelstunde das Wasser wieder da war und ich mich fertig machen konnte.

frühstück marokko

Das Frühstück

Hassen machte uns ein ausgiebiges Frühstück mit Pfannkuchen, Eiern, Fladenbrot und gesüßtem Tee. Dabei besprachen wir den Ablauf: Der Plan war, gegen Nachmittag die Kamele zu Satteln und zum ersten Nachtcamp zu reiten. Dort wollten wir uns dann von einer Düne aus den Sonnenuntergang angucken und am Lagerfeuer sitzen und essen.

Da wir noch etwas Zeit hatten, zogen wir los, den Ort erkunden. Die nächsten beiden Dinge, die ich am eigenen Leib gelernt habe: Es kommt erstens anders und zweitens wie man Denkt. Ich bin eigentlich kein Mensch, der für Hitze gemacht ist. Alles über 26 Grad halte ich für Folter und Sonnencreme ist ein absoluter Graus. Wir hatten nun im Schatten schon gute 33 Grad. Ich wusste zwar, dass es so warm werden würde – bei der Sahara handelt es sich immerhin um die größte Wüste der Welt – aber ich hatte mit einer anderen Art Hitze gerechnet. Ich konnte kaum noch klar denken und wir waren ja nichtmal losgeritten. Noch besser wurde die Situation, als ich den brutalen Sandsturm bemerkte, der über uns hinwegzog. Es war unfassbar. Man konnte nicht mehr im freien Atmen, ohne sich ein Tuch vor das Gesicht zu halten. Man musste immer zusehen, dass man mit langen Klamotten (Hinweis: Lange Klamotten + >40°C in der Sonne = Hölle) unterwegs war, um nicht direkt von der Sonne verbrannt oder Sandgestrahlt zu werden. Da wir Hunger hatten, aßen wir in einem Lokal ein Sandwich mit Pommes und schauten Fußball. In Marokko sind die Leute Barcelona-Fans. Alle.

Die Häuser in Hassilabied oder eigentlich überall in der Region sind Lehm-Stroh-Bauten. Es ist wirklich die dritte Welt, da braucht man nicht drumherum zu reden. Ich habe noch nie ein Dorf gesehen, was so trist und trostlos aussah wie dieses. Lehm, Stroh, Sand. Das wars.

Hinter dem Dorf erhebt sich die Erg Chebbi majestätisch über der Steinplatte. Wahnsinnig beeindruckend schwingen die massiven Dünen vom einen bis zum anderen Horizont. An der Oberkante jeder Düne ist stets ein leichter Sandwind zu erkennen. Er treibt die Dünen und verändert fortwährend das Bild der Wüste.

Vor der Wüste gibt es eine Oase. Das Dorf lebt davon. Jede Familie hat in dieser Oase eine eigene Parzelle, in der sie Ackerbau betreibt. Dabei wird die zentrale Wasserzufuhr alle paar Stunden umgeleitet, sodass alle Teile gleichmäßig versorgt werden. Auch die Wüstentouren werden vom Dorf gemeinsam organisiert. Das läuft hier nur, wenn alle Zusammenarbeiten, hier gibt es keine Alleingänge. Wieder was gelernt.

Was ich auch sehr interessant finde, ist, das dieses kleine, triste Dorf in dieser menschenfeindlichen Umgebung stetig wächst. Das liegt am Streit Marokko’ mit Algerien. Algerien hat die Grenze geschlossen, direkt in der Nähe auch eine Militärbasis gebaut. Da Hassilabied der letzte Ort vor der algerischen Grenze ist, siedeln sich hier viele Nomaden an, die früher quer durch die Wüste gezogen sind und dies nun nichtmehr können.

Tag 1

Als sich der Sandsturm gegen den späten Nachmittag langsam legte, gingen wir mit Hassan zu den Kamelen. Die Kamele waren schwer bepackt, hintereinander am Maul Kamele im Schattenfestgebunden und lagen im Schatten einiger Palmen. Wie schon erwähnt, die Touren werden gemeinsam organisiert; mit uns reiste noch ein Paar aus Spanien. Wir zogen los.

Der Guide lief vorne zu fuß, dahinter wir auf den Kamelen. Es ging langsam voran. Sehr langsam. Schrittgeschwindigkeit halt. Niemand sprach ein Wort, alle waren von der Landschaft beeindruckt. Der Sandsturm war wieder stärker geworden. Ich versuchte, mit meinem blauen Turban meine Sonnenbrille und meinen Nacken soweit abzudichten, dass ich vor der Hitze und dem Sand geschützt war. Das half allerdings auch nur bedingt.

Als nächstes stellten wir nach nicht allzu langer Zeit fest, dass es gar nicht mal so angenehm ist, auf Kamelen zu reiten. Decken stellten unsere Sattel da. Man rutschte ständig vor und zurück, insbesondere bergab ist das schon sehr unangenehm.

Ich machte eine menge Fotos, einige habe ich ja auch hier im Text eingebaut. Irgendwann hörte ich schon recht leise meinen Namen von hinten, gefolgt von einem „Stopp!“. Ich drehte mich um. Was ich sah, haute mich fast vor lachen vom Kamel. Das widerspenstige Tier – es trug einen Maulkorb – meines Kumpels hatte sich von meinem Kamel unbemerkt losgerissen und stand nun da gute 15 Meter hinter uns auf einer Düne. Mein Freund saß völlig hilflos da und wusste gar nicht, was er machen sollte. Ich sagte dem Führer bescheid und er leinte das Tier wieder an meines an.

Nach guten anderthalb Stunden kamen wir am ersten Nachtlager (wir nannten es Camp Alpha) an. Es war weitaus luxuriöser als wir es erwartet hätten: Es gab umschlossene Zelte, Einzelbetten, jede Menge Decken, eine mehr oder weniger richtige Toilette und sogar Strom aus einer Solarzelle! Luxus pur!

Düne Sahara

Gut zu erkennen: Die Sicht ist durch den Sandsturm vernebelt.

Zum Sonnenuntergang stiegen wir auf eine Düne. Es gibt kaum ein geileres Gefühl als mitten im Sandsturm auf einer riesigen Sanddüne irgendwo im nirgendwo zu liegen. Keine Ironie. Der Sandsturm verhagelte uns dann leider auch den Sonnenuntergang, man kann es sich vorstellen wie wenn wir in Deutschland dichten Nebel haben. Wir genossen es trotzdem.

Zum Abendessen gab es die landestypische Tagine, also eine Art Auflauf mit einem Fleischkern. Ich habe in meiner ganzen Zeit in Marokko kein zweites mal so ein Festmahl gegessen wie an diesem Abend. Paradox, ich weiß: Am unwirtlichsten Ort wird man am reichsten bekocht.

Nach dem Essen setzten wir uns mit den anderen ans Lagerfeuer, die Einheimischen, die noch dazugekommen waren, spielten auf Trommeln und einer Gitarre berberische Lieder. Dann kam die größte Überraschung des Tages: Jemand hatte einen Kuchen gebacken, weil wer aus der Gruppe Geburtstag hat und zudem gab es noch für jeden ein Bier! Ja, richtig, BIER! Wir haben tatsächlich in der Sahara eine Dose kaltes Bier getrunken. Wieder ein Punkt, den man von der Liste der Dinge, die man im Leben einmal gemacht haben will, streichen kann.

Tag 2

Nach dem Frühstück am nächsten Morgen teilte sich unsere Gruppe: Nur wir beide hatten das volle Programm über drei Tage gebucht, alle anderen zogen zurück nach Hassilabied.

Wir halfen dem Guide die Kamele zu satteln und stiegen auf. Der Wind hatte sich merklich gelegt, der Himmel war blau. Eben so, wie man sich das wünscht. Die Wüste war nochmal doppelt so spektakulär wie am Tag davor, da man einfach sehr viel weiter gucken konnte. Bis zum Mittagessen ritten wir also weiter in die Wüste, wohl so zwei bis drei Stunden. Um der Hitze zu entgehen, hielten wir irgendwann in einem Weiteren, unbewohnten Camp und aßen. Zudem gab es Tee. Die Lebensmittel wurden mit den Kamelen mitgeführt.

Wir schliefen eine Weile und unterhielten uns. Einen legendären Spruch werde ich auch so schnell nicht vergessen: Mein Kumpel fragte den Wüstenführer, wo denn die Toilette sei. Er grinste nur und sagte: „Toilet is everywhere!“. So ist das eben.

Aus Langeweile habe ich angefangen, mich mal mit der kommunikationstechnischen Gesamtsituation auseinanderzusetzen, will heißen, ich habe nach Handyempfang gesucht. Vergeblich. Daraufhin habe ich es zumindest mit Radio versucht, doch auch hier bekam ich auf wirklich jeder Frequenz nur ein gleichmäßiges rauschen. Wir hatten den Arsch das Ende der Welt gefunden. Nach einer Weile kletterten wir auf eine riesige Wüstensteilwand. Es ist unnormal anstrengend, wirklich. Im Sand zu laufen ist vergleichbar wie im Schnee. Man sinkt ständig ein, kommt kaum voran und rutscht andauernd zurück. Wir wurden

hohe Düne Sahara

Die angesprochene, sehr hohe Düne

jedoch mit einem fantastischen Ausblick entschädigt und einer geilen Rutschpartie zurück ins Tal. Ja, man kann hier wirklich schon von Tälern sprechen, die Dünen sind an dieser Stelle über hundert Meter hoch.

Die Hitze ließ nach, wir konnten weiter ziehen. Der Guide wechselte sich mit Hassan ab, der uns von nun an führte. Er zeigte uns (leere) Eier einer Wüstenschlange, die ich übrigens immer noch in meinem Rucksack habe (ich hoffe da schlüpft wirklich nichts mehr, die Viecher sind Giftig 😉 ). Des weiteren Grub er mit seinen Händen im Wüstensand nach dem sogenannten Wüstenfisch, ein Kleintier was quasi durch den Sand „schwimmt“. Leider hat er es nicht zu fassen bekommen. Nach einigen Stunden ritt durch die beeindruckende Landschaft sagte er uns, wir sollten absteigen und auch mal barfuß durch den Sand laufen. Es hatte sich so weit abgekühlt, dass man den Sand problemlos betreten konnte ohne sich zu verbrennen und wir hatten mittlerweile auch herausgefunden, wie man Sand erkennt, auf dem man laufen kann ohne einzusinken. Auch eine ziemlich coole Sache.

Als die Sonne langsam unterging, stiegen wir gemeinsam auf den höchsten „Berg“ der Erg Chebbi, auf 155 meter Höhe. Wir hatten den geilsten Ausblick der Welt. Einen 360° Blick bis zum Horizont. Unfassbar. Sowas hatten wir beide noch nie gesehen. Einfach nur Geil!

Was auch geil war, ist, das wir durch die Dünen ja quasi Berge hatten. Und der Sand funktionierte wie Schnee. Was lag da näher, als mit einem Snowboard die Dünen runter zu donnern? Richtig, nichts. Hassan hatte ein Board mitgebracht und wir schoben uns gegenseitig an. Und Teufel noch mal, wir wurden schnell, ziemlich schnell. Für jemanden wie mich, der da zum ersten Mal in seinem Leben auf so einem Brett stand, wahrscheinlich echt gefährlich. Gut, dass ich eh ein „Adrenalinjunkie“ bin und ich mich über derlei Herausforderungen freue. Der kleine aber feine (oder auch nicht ganz so feine) Unterschied zum Berg ist aber, dass es keinen Lift gibt. Man musste das Board also nach jeder fahrt wieder die Düne hinausschleppen. Aber es hat Spaß gemacht. Verdammt viel sogar. Um es mit den Worten Hassans zu sagen: „AFRIQUAAA!!

sonnenuntergang SaharaDer Sonnenuntergang war Atemberaubend. Zwei deutsche Studenten einer anderen Tour kamen zu uns hinaufgeklettert. Bisschen Heimat in der Fremde 😉 . Die Sonne versank langsam hinter dem Horizont und tränkte die ganze Wüste in ein rotes Leuchten. Wir bekamen die Klappe garnicht mehr zu vor staunen!

Als es dann irgendwann sehr dunkel wurde, begannen wir, zusammen mit den anderen Beiden, unseren Kamelen und Hassen, nach Camp Charlie abzusteigen. Im Camp aßen wir zu Abend, tranken Tee und unterhielten uns mit den anderen Touristen.

Als alle zu ihren Zelten gingen, verzogen mein Kumpel und ich uns hinters Camp um ein paar Langzeitbelichtungen von den Sternen zu machen. Da ich kein Stativ dabei hatte, flog meine 600D aus dem Hause Canon einfach in den Sand (Was der Kamera genauso wie der Sandsturm am Tag zuvor nicht sonderlich gut bekam). Auf den Bildern waren dermaßen viele Sterne zu sehen, dass ich erst dachte, mein Monitors sei kaputt. Keine fremde Lichtquelle weit und breit. Schade, dass man das in Deutschland so nicht mehr hat. Wir beschlossen jedoch, früh schlafen zu gehen, da wir uns am nächsten Morgen den Sonnenaufgang über der algerischen Grenze angucken wollten.

Sterne Sahara

Das ist der Vollmond, nicht die Sonne.

Tag 3

Mir war Kalt. Sehr sehr Kalt. Untypisch kalt. Auch durch die Nutzung von mehreren Decken wurde mir nicht wärmer. Zudem war mir auch leicht schlecht. Als Hassan uns irgendwann weckte, versuchte ich es zu ignorieren. Tapfer kletterte ich auf die Düne, von der wir schon am Abend zuvor den Sonnenuntergang beobachtet hatten. Oben angekommen, brach ich völlig erschöpft zusammen. Ich schlief fast ein und guckte mir den Sonnenaufgang dann eben im liegen an. Geht ja auch. War auch schön, nur genießen konnte ich das irgendwie nicht mehr so richtig. Die Sonne stand am Himmel, wir gingen zurück ins Camp, wo wir noch ein paar Stunden schlafen durften.

Als es weitergehen sollte, ging mir noch viel dreckiger. Mein Kumpel ist zum Glück Rettungssanitäter, das hat mir an dem Tag wohl den Arsch gerettet. Hassan und er empfahlen mir, einen gezuckerten Tee gegen die Übelkeit zu trinken. Was soll ich sagen, war wohl die falsche Entscheidung. Hat so um die zehn Sekunden gedauert, dann lag ich auf der Wüste. Bisschen DNA verteilen, kennt man ja. Als ich mich wieder gesammelt hatte, ging mir sogar in dem Moment recht gut und ich fragte in feinstem British English, wo denn die Kamele seien und ob es jetzt weiter geht. Dann blickte ich in die entsetzten Gesichter von Hassan und meinem Kumpel. Er sagte mir, dass ich heute mit Sicherheit kein Kamel mehr besteigen werde. War wohl auch besser so.

Frustriert von mir selber wurde ich dann mit einem Quad richtung Hassilabied evakuiert. Mit nem Quad über Dünen heizen, wenn auch nur hinten drauf, ist übrigens auch ne sehr sehr geile Angelegenheit! Zurück im Ort ging ich sofort schlafen.

Der Supratours Bus sollte am nächsten Tag aus Merzouga abfahren. Wie schon erwähnt, wir waren aber in Hassilabied. Und in meinem Zustand fünf Kilometer durch die sengende Hitze marschieren – ich weiß ja nicht ob das gut ausgegangen wäre. Zum Glück musste Hassan eh in den Ort und er war so freundlich uns mitzunehmen. Routinemäßig checkte ich schonmal, wo das nächste Krankenhaus oder zumindest die nächste Apotheke war, denn mein Zustand wurde eher schlechter als besser. Da war sie wieder, die dritte Welt: Die nächste medizinische Versorgungseinrichtung war 150km entfernt. Wir mussten also mit dem klarkommen, was wir hatten. Zu unserem Vorteil haben wir zu dem Zeitpunkt beide im Gesundheitswesen gearbeitet, hatten also schon Ahnung von Hygiene, Symptomen und Medikamenten. Ich versuchte mich so gut es geht hydriert zu halten und lenkte mich mit den Fotos aus der Wüste ab.

Im Endeffekt ging es mir nach einer Nacht wieder super (ich Idiot habe am übernächsten Tag schon wieder Sport gemacht), es lag wohl am Mittagessen des zweiten Tages. Fisch in der Wüste zu essen war wohl nicht mein bester Einfall während der Reise durch Marokko. Zudem hat mich wohl die Hitze dahingerafft. Beides in Kombination setzt einen einfach Schachmatt, da hat man dann keine Chance mehr. Aber: Es ist ja nochmal gut gegangen!

Am nächsten Tag nahmen wir dann planmäßig den Bus weiter zu unserem nächsten Ziel, der Stadt Tinghier mit ihrer berühmten Todra-Schlucht.

So, das war meine Geschichte um die Reise durch die Marokkanische Sahara. Mehr Arabisch geht im Grund nicht. Wer anzweifelt, wieso er Arabisch lernt, sollte diese Tour unternehmen. Ich freue mich, dass Du den doch recht langen Beitrag wirklich bis zum Ende gelesen hast! Wenn Du noch fragen hast, kontaktiere mich doch über die Adresse aus dem Impressum!